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Abschluss einer Restschuldlebensversicherung mit Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung rechtfertigt nicht die Kündigung einer Krankentagegeldversicherung durch den Versicherer

Datum: 28.06.2005

Kurzbeschreibung: 

 

Der Kläger hatte bei der beklagten Versicherung eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. In den Versicherungsbedingungen war unter „Obliegenheiten“ bestimmt, dass der Neuabschluss einer weiteren Versicherung mit Anspruch auf Krankentagegeld nur mit Einwilligung des Versicherers vorgenommen werden darf.

Im Juni 2002 nahm der Kläger ein Darlehen auf und schloss in diesem Zusammenhang bei einem anderen Versicherer zwei Restschuldlebensversicherungen ab, die eine Arbeitsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit umfassten. Er informierte die Beklagte darüber nicht. Zu dieser Zeit bezog er Krankentagegeld von der Beklagten. Im Jahr 2004 kündigte die beklagte Versicherung den Krankentagegeldversicherungsvertrag, weil der Kläger eine weitere Versicherung mit Anspruch auf Krankentagegeld ohne ihre Zustimmung abgeschlossen hätte. Der Kläger hat daraufhin beim Landgericht die Feststellung beantragt, dass seine Krankentagegeldversicherung weiter besteht und nicht durch die Kündigung erloschen ist. Das Landgericht Mannheim hat die Klage abgewiesen, weil es die Kündigung für gerechtfertigt erachtet hat.

Die Berufung des Klägers zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte Erfolg. Der Kläger hat durch den Abschluss der Restschuldlebensversicherung keine Obliegenheit verletzt, die Kündigung der Beklagten war unberechtigt. Die Versicherungsbestimmungen der Beklagten verbieten dem Versicherungsnehmer, ohne Einwilligung des Versicherers eine weitere Versicherung mit Anspruch auf Krankentagegeld abzuschließen. Diese Bestimmung ist - wie allgemeine Versicherungsbedingungen regelmäßig - so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei vollständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und in Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs sie verstehen muss. Es kommt dabei auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird bei dem Abschluss einer weiteren Versicherung in erster Linie darauf achten, ob diese ihm für den Versicherungsfall ein Krankentagegeld verspricht. Die vom Kläger abgeschlossenen Restschuldversicherungen versprechen jedoch kein Tagegeld, sondern monatliche Leistungen. Bereits aus diesem Grund wird der Versicherungsnehmer kaum mit der hinreichenden Deutlichkeit erkennen können, dass der Abschluss einer solchen Versicherung zustimmungspflichtig sein soll. Beim Vergleich der Versicherungsbedingungen wird sich ihm zudem erschließen, dass in beiden Versicherungen unterschiedliche Risiken abgesichert sind. Versicherungsfall der Krankentagegeldversicherung ist eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, der Versicherungsschutz endet mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Die Arbeitsunfähigkeit wird hier auf die vorübergehende Unfähigkeit zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit eingegrenzt. In der Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung ist dagegen Versicherungsfall die auf Krankheit oder Körperverletzung beruhende Unfähigkeit, die bisherige Tätigkeit oder eine Verweisungstätigkeit auszuüben. Dabei wird eine Heilbehandlung nicht vorausgesetzt und zudem der Versicherungsschutz auch auf die Fälle der Berufsunfähigkeit erstreckt. Damit fehlt es hier objektiv und auch aus der Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an der Identität von Voraussetzungen und Leistungen. Der Senat hat demnach festgestellt, dass die Krankentagegeldversicherung bei der Beklagten weiter besteht.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 16.06.2005 - 12 U 381/04 -

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