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Erste Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Klagewelle um Privatabrechnungen der ARCUS Sportklinik in Pforzheim

Datum: 28.07.2017

Kurzbeschreibung: -

Die Klägerin, eine private GmbH, betreibt seit 1995 die „Arcus Sportklinik“ in Pforzheim als Privatklinik. Die Gesellschafter der Klägerin errichteten eine weitere GmbH, die am selben Standort unter dem Namen „Arcus Klinik“ seit 2006 ein staatlich gefördertes Krankenhaus für gesetzlich Versicherte (sog. „Plankrankenhaus“) betreibt. Beide Kliniken nutzen teilweise dieselben Räume, technischen Einrichtungen und dasselbe Personal. Sie teilen sich Empfangsbereich, Internetauftritt und Telefonnummer.

Plankrankenhäuser erhalten für ihre Leistungen festgelegte Fallpauschalen und staatliche Zuschüsse. Privatkliniken erhalten diese Zuschüsse nicht, dürfen aber mit ihren Patienten ihr Honorar grundsätzlich frei vereinbaren. Unter anderem um zu verhindern, dass es zu Quersubventionierungen zwischen staatlich geförderten Plankrankenhäusern und mit diesen verbundenen Privatkliniken kommt, wurde mit Geltung ab 1.1.2012 das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) geändert. Seither dürfen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG Privatkliniken, die organisatorisch mit einem Plankrankenhaus verbunden sind und sich in dessen räumlicher Nähe befinden, für Leistungen, die auch vom Plankrankenhaus angeboten werden, ebenfalls nur die Fallpauschalen in Rechnung stellen.

In dem vom 10. Zivilsenat entschiedenen Verfahren hatte die Arcus Sportklinik für eine Hüftoperation ca. 13.000 EUR in Rechnung gestellt. Die Privatversicherung des Patienten hat davon nur rund 6.500 EUR bezahlt, wie es der Fallpauschale entsprochen hätte.

Das Landgericht Karlsruhe hatte § 17 KHG für anwendbar erklärt und die Klage der Privatklinik auf den restlichen Rechnungsbetrag abgewiesen. Die Klägerin hält dagegen die Neuregelung im KHG für verfassungswidrig und ist u.a. der Ansicht, die Vorschrift greife bei den beiden formalrechtlich getrennten Kliniken in Pforzheim auch inhaltlich nicht.

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat mit Urteil vom 19.07.2017 die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe bestätigt. § 17 Abs. 1 S. 5 KHG verstößt nicht gegen das Grundgesetz und die Arcus Sportklinik und die Arcus Klinik sind räumlich und organisatorisch verbundene Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift. Damit kann die Arcus Sportklinik für Operationen, die auf der Basis von ab dem 1.1.2012 geschlossenen Behandlungsverträgen durchgeführt wurden, nur die Fallpauschalen für gesetzlich Versicherte abrechnen, höhere Entgeltvereinbarungen sind unwirksam.

Die Entscheidung ist Teil einer Klagewelle. Beim Landgericht Karlsruhe sind derzeit noch über 100 Verfahren um Privatabrechnungen der Arcus Sportklinik anhängig. Beim Oberlandesgericht Karlsruhe sind derzeit 15 Berufungsverfahren anhängig.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann gegen die Entscheidung, die vom  Oberlandesgericht Karlsruhe zugelassene Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2017 Az. 10 U 2/17

Vorschriften:

§ 17 Abs. 1 S. 5 KHG (gültig seit 1.1.2012)
...
Eine Einrichtung, die in räumlicher Nähe zu einem Krankenhaus liegt und mit diesem organisatorisch verbunden ist, darf für allgemeine, dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses entsprechende Krankenhausleistungen keine höheren Entgelte verlangen, als sie nach den Regelungen dieses Gesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu leisten wären.

§ 134 BGB

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

 

 

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